Ich packe meinen Koffer

Donnerstag, 20. Mai 2010 von Lukas

Jedesmal, bevor ich aufbreche (egal, wohin, und egal, wie lange), nehme ich mir vor, sowohl verfrühtes Packen, als auch Hektik zu vermeiden. Das ist ungefähr so müßig wie der Versuch, Nudeln und Sauce gleichzeitig fertig zu haben.

Irgendwie hab ich es dann aber doch geschafft, dass alle Taschen bereits heute Morgen gepackt waren. Die entscheidende Frage lautete dabei: Was zieht man eigentlich zu so einem Grand Prix an? Darf man sich überhaupt ohne Trickkleid (ab 1:35 Min.) oder wenigstens Paillettenjacke in die Nähe des Veranstaltungsorts? Oder wird man dann hinterher für einen der Teilnehmer gehalten und auf die Bühne geschubst, wo man dann versehentlich die Chancen des … sagen wir mal: armenischen Beitrags ruiniert? Ich habe also eine halbwegs wahllose Auswahl (ein Paradoxon, Sie ahnten es …) zusammengepackt und mich hinterher so lange auf die Reisetasche gesetzt, bis alles passte.

Vorhin war ich sogar noch für ein paar Erledigungen in der Stadt, die sich natürlich – wie wirklich immer, bevor ich sie verlasse – von ihrer schönsten Seite zeigte: Die Sonne schien, die Straßen waren belebt, aber nicht zu voll. Schnell noch eine Currywurst gegessen, bevor es jetzt zehn Tage Elch-Kebap gibt. Und jetzt heißt’s: Los zum Flughafen und hoffen, dass der isländische Beitrag Eyjafjallajökull nicht noch spontan irgendwelchen Mist baut.

Und ab morgen berichten wir dann wirklich aus Oslo …

Wetten, dass?

Mittwoch, 19. Mai 2010 von Stefan

„Die Buchmacher sehen Deutschland bereits als Gewinner“, jubelt die „Welt“. Das Schwesterblatt „B.Z.“ staunt: „Gerade bei den Briten, die uns Deutschen nicht immer viel zutrauen“, sei die deutsche Vertreterin „die Favoritin des diesjährigen Schlagerwettbewerbs“. Das führende Wettbüro William Hill setze sie mit der Quote neun zu zwei an Platz Eins. Nur die „Berliner Zeitung“ ist ein bisschen skeptischer und meldet, Deutschland werde von den Buchmachern auf dem zweiten Platz hinter Schweden gehandelt. Aber auch vor Ort seien viele begeistert von dieser besonderen Frau, die nach Jahren der Niederlagen endlich wieder einen deutschen Sieg beim Eurovision Song Contest schaffen soll: Corinna May.

Die zitierten Meldungen über die deutsche Favoritin sind aus dem Jahr 2002. Corinna May kam auf den 21. von 24 Plätzen; aus keinem Land gab es mehr als 4 Punkte. Soviel vielleicht als kleine Warnung, zu viel auf die sich aktuell überschlagenden Berichte zu geben, dass Lena Meyer-Landruts „Satellite“ in den virtuellen Wettstuben der internationalen Buchmacher ganz vorne liegt.

Im Jahr 2000 berichteten deutsche Zeitungen, dass Stefan Raab bei den Buchmachern beste Siegchancen eingeräumt würden (Platz 5), 2007 wurde Roger Cicero angeblich als Favorit gehandelt (Platz 19), 2006 sollen griechische Buchmacher Texas Lightning auf den vorderen Plätzen gesehen haben (Platz 15), und 1998 galt Guildo Horn kurz vor der Show in Birmingham plötzlich als „Top-Favorit“ (Platz 7).

Natürlich liegen die Wett-Quoten nicht immer daneben. Den Sieg von Norwegen im vergangenen Jahr haben sie ebenso vorausgesagt wie die Chancenlosigkeit von Gracia (letzter Platz). (Für beides hätte man jetzt aber auch nicht gleich ein Wettbüro eröffnen müssen, um zu ähnlichen Prognosen zu kommen.) Und womöglich ist die Auswertung von Google, die auf der Grundlage von Suchanfragen ein mögliches Publikumsvoting errechnet und Lena vorne sieht, auch nicht ganz ohne Aussagekraft.

Aber es findet in Deutschland gerade eine Art Massenautosuggestion statt. Die Fernsehnation ist immer noch hin und weg von dieser unbekannten, sympathischen, rätselhaften, modernen jungen Frau, die uns beim Eurovision Song Contest vertritt, und weil wir so begeistert sind über dieses unverhoffte Glück, kann es gar nicht anders sein, als dass der Rest Europas ihrem Charme auch erliegt — oder längst erlegen ist.

Sogar in Großbritannien, dem Land, nach dessen Anerkennung als quasi offizieller Oberjuror über die Respektabilität von Pop-Phänomenen wir uns sehnen, sollen sie schon ganz verrückt nach Lena sein. Die „Welt“ schreibt:

„Satellite“ hat etwas ausgelöst, das Briten bereits „Lenamania“ nennen. (…) die Insel freut sich über Lena Meyer-Landrut wie über einen verwandelten Elfmeter.

Das halte ich für ein Gerücht. Auf den englischen Nachrichtenseiten findet sich kein einziger Hinweis darauf, dass eine größere Zahl von Briten verrückt nach Lena ist oder überhaupt nur von ihr Kenntnis genommen hat. Weder BBC noch „Guardian“ oder „Times“ haben ihr schon einen Artikel gewidmet; das Wort „Lenamania“ ist ebenso unbekannt wie das behauptete Phänomen.

Das Fieber kann natürlich noch ausbrechen. Es ist nicht einmal völlig ausgeschlossen, dass Lena Meyer-Landrut sogar den Grand Prix gewinnt.

Oder halt einer von den anderen.

Auf dem Lena-Meyer-Landweg zum Grand Prix

Sonntag, 16. Mai 2010 von Stefan

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